Interview mit Agnetha


Dieses Interview ist aus der 40 Minuten langen Sendung, die am 18. Dezember 2004 vom schwedischen TV4 gesendet wurde. Agnetha spricht mit Lasse Bengtsson. Sie stellte keine Bedingungen für das Interview und die Fragen wurden vorher nicht mit ihr abgesprochen.

Herzlichen Dank an Christiane Brämer!


(Om tårar vore guld)

Lasse: Als ich am nächsten Tag gefahren bin, hörte ich diesen Song und auch Deine anderen Songs, Hi Agnetha!

Agnetha: Hi Lasse.

L: Und ich dachte, was für schöne Lieder Du geschrieben hast.

A: Ja, das habe ich.

L: Wie ist das heute?

A: Vieles ist hier drin, in mir. (zeigt auf ihr Herz)

L: Aber Du komponierst jetzt nichts?

A: Nein, ich komponiere nicht viel in diesen Tagen.

L: Warum nicht?

A: Es ist so, als ob alles während dieser Zeit aus mir raus gegangen wäre. Ich war sehr produktiv mit meiner Musik und den Texten und ich bekam viel Inspiration dadurch.

L: Aber sie sind so traurig, warum?

A: Ich weiß es nicht. Später schrieb jemand anders die Texte. Ich wurde zu kritisch.

L: Warst Du das?

A: Ja, ich war sehr kritisch.

L: Warst Du immer schon kritisch mit Dir selbst?

A: Ja, sehr, ganz besonders als ich anfing, meine eigenen Texte zu schreiben. Viele finde ich nicht mehr so gut. Sie sind sehr naiv.

L: Aber dieses Frühjahr hast Du ein neues Album nach langer Zeit veröffentlicht.

A: Ja.

L: Was denkst Du, wenn Du jetzt "If I thought..." hörst?

A: Es ist gut.

L: Was waren die Gründe als Du Dich dazu entschlossen hast, ein Album rauszubringen?

A: Nun, es war ein ziemlich langer Prozeß. Es hat zwei, drei, vier Jahre gedauert, bis wir anfingen, meine Idee umzusetzen und mit den Aufnahmen begannen. Ich fühlte, daß ich noch nicht alles getan hatte und daß ich ein neues Album machen wollte. Ich liebe diese 60er Songs und wir hatten sehr viel Spaß damit. Es war ein nostalgischer Trip für mich und alte Lieder, die ich vergessen hatte, kamen zurück zu mir. Diese Lieder waren so kraftvoll für mich und natürlich erinnert man sich dann auch an Ereignisse, die zu dieser Zeit in deinem Leben geschehen sind.

L Was ist es, was einen Song für Dich kraftvoll macht?

A: Diese Songs kamen als ich im Teenager-Alter war. Da ist man sehr sensibel für so etwas.

L: Wie warst Du als Teenager?

A: Nun, ich denke, wie alle Teenager. Da waren Jungs und Träume und ich habe da schon gearbeitet. Mit 15 Jahren begann ich, in einem Tanzorchester zu singen und wir fuhren viel herum und spielten.

L: Kannst Du Dich daran erinnern, was in dieser Zeit Deine Träume und Gedanken in Bezug auf Musik waren? Was waren Deine musikalischen Ziele?

A: In diesen Tagen wollte ich nur auftreten, weil ich fühlte, daß ich eine Stimme hatte und es machte Freude, die Leute zu unserer Musik tanzen zu sehen. Doch später war meine Ambition, vielleicht mal eine Platte aufzunehmen. Mein Traum war es, eine Sängerin zu werden.

L: Warum wolltest Du das?

A: Nun es war wohl in Verbindung damit, daß ich eine Stimme hatte, viele sagten mir das und dann wußte ich, wie man Songs komponiert und manchmal auch Texte schreibt und fühlte, daß das mein Job war.

L: Aber Du warst nicht schüchtern in diesen Tagen oder?

A: Ich war sehr schüchtern.

L: Wirklich?

A: Ja, ich bin es noch heute. Es ist wahrscheinlich deswegen, weil ich mich nicht so gut fühle, ein solches Interview zu geben. Das steht nicht oben auf meiner Wunschliste (lacht).

L: Und trotzdem tust Du es?

A: Ja, und doch tue ich es. Wahrscheinlich, weil ich nicht komisch erscheinen möchte. Wenn ich etwas Neues mache, möchte ich auch darüber sprechen. Aber wenn man zu nahe an mein Privatleben heran kommt, beginne ich mich unwohl zu fühlen.

L: Aber was war der Grund, diese Isolation zu durchbrechen oder wieder an die Öffentlichkeit zu treten?

A: Ich war ein bißchen nervös. Weil es so viele Jahre so war, wußte ich nicht, ob meine Stimme noch da war und es war am Anfang schwierig mit meiner Stimme, aber sehr einfach, eine Angst vor dem Mikrofon aufzubauen, weil du ihm so nahe bist, wenn du singst, daß jedes Geräusch und jeder Atemzug gehört werden kann. Es ist sehr viel Technik mit dabei.

L: Hast Du sehr hohe Ansprüche an Dich selber?

A: Ja, habe ich.

L: Wurde darüber gesprochen, daß Du Dich mehr der Öffentlichkeit zeigen sollst?

A: Ich machte ganz deutlich klar, daß ich dies und das tun kann, aber daß ich nicht reisen möchte und keine Fernsehauftritte wie in der Vergangenheit machen möchte. Das laugt mich einfach aus und ist zu schwierig für mich. Ich denke, jeder hat das verstanden.

L: Deshalb hast Du auch keine öffentlichen Interviews und Pressekonferenzen gegeben?

A: Ja, weil es einfach zu viel wird und ich möchte das nicht mehr tun.

L: Was ist das, was Dich so auslaugt?

A: Nun, ich weiß es nicht. Es ist alles sehr nervenaufreibend und sehr aufregend. Natürlich möchte ich immer ein gutes Image von mir geben. Aber oft geht nicht alles so wie man es möchte. Und Medien sind auch eine Belastung des Images. Oft passiert es, daß ein falsches Bild wiedergegeben wird. Dann muß ich versuchen, es richtigzustellen und zeigen wie ich wirklich bin. Das ist sehr viel Streß.

L: Denkst Du, daß die Medien ein schlechtes Bild von Dir geben?

A: Ja, ich denke schon. Mal mehr und mal weniger. Es wurde viel Falsches berichtet.

L: Hast Du ein Beispiel?

A: Nun, was kann ich sagen... Ich habe so vieles erlebt.

L: Was war das Schlimmste?

A: Ich weiß nicht, was das Schlimmste war. Aber eine Sache war, als wir auf dem Rückweg von England nach Hause waren, reiste ich mit dem Bus, weil ich Angst vorm Fliegen hatte. Auf dieser Reise hatten wir einen Unfall. Der Bus überschlug sich und ich wurde aus dem Fenster geschleudert. Es war eine große Story in der Presse. In dieser Zeit machte ich einen Film mit Gunnar Hellström "Raskenstam". Sie schrieben, daß ich schwanger sei. Dann interviewten sie viele Ärzte und schrieben "Kann ein Fötus verletzt werden, wenn man in einen Unfall verwickelt ist?" Aber es war nur in dem Film, in dem ich eine schwangere Frau spielte. Aber das wurde in die Realität übernommen und die Leute glaubten, daß ich wirklich schwanger war. Und das sind diese falschen Storys, die die Leute glauben, wenn sie immer wieder ein Image präsentiert bekommen. Es wurde auch über mich geschrieben, daß ich mich einschließe und auf der Insel isoliere. Aber das habe ich nicht. Sie haben das erschaffen. Das ist nicht so.

L: Wenn Du Dich so unverstanden fühlst, wie würdest Du Dich dann beschreiben?

A (lacht): Das ist sehr schwierig für mich zu sagen. Aber ich denke, ich bin immer noch die Person, die ich schon immer war. Sehr bodenständig. Natürlich habe ich auch meine Launen, aber ich bin eine freundliche Person, normal. Neugierig auf das Leben und ich mag keinen Streß. Ich versuche, es sehr ruhig um mich herum zu haben. Es ist nicht so einfach heutzutage. Ich bin schnell gestreßt und ich bin eine ängstliche Person.

L: Worüber machst Du Dir Sorgen?

A: Über alles... (lacht) Nein, nicht über alles, aber ich werde schnell ängstlich in bestimmten Situationen. Ich habe Angst, daß etwas jemandem geschieht oder so etwas. Ich nehme schnell Dinge persönlich. Ich bin eine Tierliebhaberin. Es fällt mir schwer, Bilder von Tieren und Kindern zu sehen, die mißhandelt werden. Damit kann ich gefühlsmäßig nicht umgehen.

L: Nun, Vilma hat verstanden, daß Du eine wirkliche Tierliebhaberin bist. (Lasses Hund war bei dem Interview dabei)

A: Ja, sie ist sanft und liegt hier auf dem Boden.

L: Ja, sie mag Dich. Aber das Gerede über die Garbo, das magst Du nicht, was ich verstehen kann.

A: Nein, das ist etwas, was ich nie gesagt habe. Aber das haben die Medien erfunden, nun, warum sie das haben, weiß ich nicht. Es ist wahrscheinlich deswegen, weil ich mich nicht so offen zeige. Gewöhnlich sage ich, ich bin lieber ein Original als eine schlechte Kopie.

L: Ich frage mich, warum Du diesem Interview zugestimmt hast. Denn wie ich jetzt verstanden habe, ist es nicht ganz einfach für Dich.

A: Nein.

L: Erzähle mir, was passiert ist.

A: Ich versuchte, sehr konsequent zu sein und ich bekam viele Rückfragen, nicht nur aus Schweden, auch aus dem Ausland. Ich denke, es ist viel schwieriger ein Interview in Englisch zu geben, wenn man die Sprache nicht richtig beherrscht. Aber das ist mein Fehler.

L: Denkst Du, daß Englisch ein Problem ist?

A: Ja, das ist es. Ich mag es nicht mehr sprechen. Und was passiert, wenn ich ein Interview gebe ist, daß 9 - 10 andere mich auch haben möchten.

L: Wie verläuft ein Tag in Deinem Leben?

A: Nun, diese Tage sind sehr ruhig. Mir macht es Spaß, an der frischen Luft zu sein. Ich gehe viel Spazieren. Ich verbringe viel Zeit mit meinen Kindern und ich habe auch ein Enkelkind und das ist eine unglaubliche Erfahrung. Sie wird bald vier Jahre alt. Das ist eine unglaubliche Freude, wirklich. Dann lese ich ein bißchen und sehe fern.

L: Was liest du?

A: Ich lese nicht so viele Bücher wie ich sollte. Aber ich lese Zeitungen und ich mag gerne informative Fernsehprogramme sehen und Dinge, wo ich etwas lernen kann.

L: Schaust Du Dir auch Kinofilme an und welche Musik hörst Du?

A: Ich sehe nicht so viel fern, aber manchmal gehe ich ins Kino. Hier ist ein kleines (lacht). Es kommt sehr selten vor, daß ich ins Kino gehe. Es ist schon eine Weile her, als ich das letzte Mal dort war.

L: Hast Du einen Film gesehen, an den Du Dich erinnern kannst und den Du mochtest?

A: Nein, aber es gibt viele, die ich gerne sehen würde. Ich bin etwas hinterher.

L: Welchen zum Beispiel?

A: Zum Beispiel Moulin Rouge mit Nicole Kidman. Ich würde den gerne sehen, aber habe ich noch nicht.

L: Gehst Du öfter nach Stockholm? Kannst Du Dich da frei bewegen und zwischen den anderen Leuten herum laufen?

A: Oh ja, das tue ich, absolut. Aber natürlich werde ich manchmal beobachtet.

L: Was passiert, wenn Du in der Öffentlichkeit auftauchst?

A: Eigentlich nicht viel. Ich merke, daß Leute reagieren und mich erkennen. Aber oft ist es sehr nett. Manchmal kommt mir jemand nahe, wenn ich in einem Restaurant bin und fragt nach einem Autogramm. Aber das sind keine Probleme. Das ist keine Aufregung.

L: Denkst Du, es ist unangenehm in der Öffentlichkeit in einer großen Stadt zu sein?

A: Nein, nicht so sehr. Es macht sehr viel Spaß, einkaufen zu gehen und Leute zu treffen und das tue ich auch. Früher sagte ich immer, es ist schön, wenn es ruhig ist und ich dachte, zu viele Geräusche sind in der Stadt.

L: Bist Du geräuschempfindlich?

A: Ja, ich bin sehr empfindlich, ganz besonders, wenn viele Geräusche gleichzeitig um mich sind. Dann bin ich unglaublich gestreßt.

L: Woher kommt das? War das schon immer so?

A: Nein, es ist etwas, daß immer öfter passiert. Ich kann sehr laut Musik hören, aber mit verschiedenen Geräuschen kann ich nicht umgehen. Da bin ich sehr sensibel.

L: Was bedeuten Dir Tiere?

A: Tiere? Tiere bedeuten viel. Sie schenken einem Harmonie und es ist schön, sie um sich zu haben.

L: Hast Du eine besondere Beziehung zu Tieren? Kannst Du mit ihnen sprechen?

A: Ja, auf eine Weise denke ich, ich kann. Es besteht eine Art Verstehen zwischen uns, weil in meiner Umgebung sehr viele Pferde sind.

L: Kannst Du hören, was sie sagen?

A (lacht): Nun, das wäre vielleicht zu viel. Wahrscheinlich sollte ich sagen, daß ich mit Pferden sprechen kann, weil ...

L: Aber meistens?

A: Meistens ja. Und ich bin in einer guten Lage. Es kann sehr schön sein, zu den Pferden zu gehen und ein bißchen mit ihnen zu sprechen.

L: Ist es schwierig für Dich, neue Kontakte zu Freunden zu knüpfen?

A: Schwierig? Das ist eine harte Frage. Es kann sein. Man weiß nie richtig, was Menschen über Dich denken und vielleicht haben sie ein falsches Bild von dir. Ich habe kein großes Bedürfnis, eine große Gruppe von Freunden zu haben. Wahrscheinlich bin ich eher eine Einzelgängerin. Ich vergleiche mich oft selbst mit dem Bullen Ferdinand, der unter dem Baum sitzt. So ist es wahrscheinlich ein bißchen dasselbe.

L: Bist Du jetzt vorsichtig mit fremden Leuten? Wir haben in der Presse darüber gelesen.

A: Nun, das ist auch ein unerfreulicher Aspekt des Berühmtseins. Und ich teile dieses Problem mit sehr vielen Menschen aus den unterschiedlichsten Kategorien. So bekam ich viele Briefe von Leuten, die mir Tips gaben.

L: Von überall auf der Welt?

A: Ja, man muß sie aussortieren. Man darf das nicht persönlich nehmen. Nicht alle Briefe, die ich bekomme, sind nett. Aber es ist wichtig, das nicht persönlich zu nehmen. Aber daß du verstehst, daß das eine Person ist, die sich nicht gut fühlt.

L: Der Mann, der Dich belästigt hat, verfolgt er Dich noch?

A: Ich weiß nicht, ob ich viel darüber sprechen kann. Ich glaube nicht, daß ich das möchte. Ich kann das aus Sicherheitsgründen nicht tun. Deshalb möchte ich aufhören.

L: Ist das etwas, was Dich ärgert?

A: Ja, das tut es. Man fängt an zu hadern in verschiedenen Situationen. So kann man viel durchmachen und das fühlt sich oft sehr unfair an. Es ist sehr viel, was mit dem Erfolg kommt.

L: Waren Deine Kinder davon betroffen?

A: Nein, ich denke, die Dinge sind gut gelaufen. Aber natürlich war es für sie oft nicht so einfach als sie kleiner waren. Denn wir wurden eine Scheidungsfamilie. Sie waren sehr jung. Sie waren erst 5 und 1 Jahr alt. Aber das ist schon lange her.

L: Aber wenn Du zurückblickst, würdest Du Dinge anders machen? All diese Dramen um Dich herum und die Hysterie über Agnetha Fältskog überall.

A: Nun, das ist nichts, was ich selbst herbeigeführt oder kalkuliert habe, daß ich geheimnisvoll wirken wollte. Das ist ein Image, das geschaffen wurde, ist vielleicht nicht wünschenswert. Aber das ist nicht meine Sache, hier zu sitzen und zu sprechen. Aber je älter man wird, desto mehr gibt man von sich selber.

L: Wie meinst Du das?

A: Nun, Du kannst über Dinge sprechen, über die du früher nicht sprechen konntest, weil du fühlst, daß du deine Lebenserfahrungen teilen möchtest. Das kann Dir vielleicht zeigen, daß ich wirklich nicht so geheimnisvoll oder fremd bin, aber ich bin eine ganz normale Person.

L: Können wir das so deuten, daß Agnetha mehr in die Öffentlichkeit zurückkommt?

A: Nein, das passiert nicht (lacht).

L: Wie erklärst Du Dir heute das Phänomen von ABBA?

A: Es bedeutet unglaublich viel für uns alle und selbstverständlich bin ich sehr dankbar, daß ich ein Teil davon sein durfte und daß alles so gut gegangen ist. Es war unglaublich viel Arbeit in den 10 bis 12 Jahren und es ging alles so schnell. Hätte ich es etwas langsamer machen können, hätte ich 5 Jahre weitermachen können. So hätte ich es gemacht.

L: Die Dinge etwas langsamer machen, es länger ausdehnen?

A: Ja, genau.

L: War es so, daß alles zu viel wurde?

A: Ja, es war sehr intensiv.

L: Was war am schwierigsten?

A: Das waren die Reisen.

L: Weil Du solche Angst vor dem Fliegen hattest?

A: Ja.

L: Noch?

A: Ja, ich habe noch Angst vor dem Fliegen. Das ist auch etwas, das man in der Presse lesen konnte. Und das ist diese Angst, über die ich früher sprach, daß eine Katastrophe passiert oder etwas ähnliches. Das fühle ich. Es ist nicht, daß ich nicht die Fähigkeit habe zu verstehen, wie sicher das Fliegen ist. Aber es ist die Unsicherheit in mir selbst, wenn ich dort sitze, daß da nichts ist, was ich tun kann. Und vielleicht ist das so, weil ich eine Person bin, die alles kontrollieren möchte.

L: Bist Du das? Möchtest Du die Kontrolle über Dinge haben?

A: Ja und es ist schwierig, das loszulassen. Aber ich denke, daß ich in vielen Dingen versuche zu lernen, Unterschiede zu machen. Vielleicht werde ich eines Tages wieder fliegen, das weiß man nie.

L: Wann bist Du das letzte mal geflogen?

A: Ungefähr vor 15 Jahren, denke ich.

L: Bist Du sicher?

A: Ja. Vielleicht 10.

L: Also bist Du nie ins Ausland gereist?

A: Nein, aber man kann auch mit dem Auto reisen.

L: Aber was war das Schönste mit ABBA? Was ist deine schönste Erinnerung?

A: Es war auch viel Freude. Wir teilten alle die Aufregung, bevor wir auf die Bühne gingen und wir waren alle sehr nervös. Es fühlte sich gut an, daß wir alle vier das miteinander teilten und alles gemeinsam trugen. Und wenn einer sich krank fühlte, hat der Andere ihn gepuscht und tat mehr auf der Bühne. Frida und ich hatten verschiedene Tonlagen und obwohl wir auf der Bühne zur gleichen Zeit Konkurrentinnen waren, halfen wir uns beim Singen.

L: Es wurde manchmal über Feindschaft zwischen Dir und Frida gesprochen. War das so?

A: Nein, das ist wieder ein Ding der Medien. Die meiste Zeit waren wir in vielem übereinstimmend. Aber bei zwei verschiedenen Persönlichkeiten passiert es natürlich, daß wir irritiert über die Qualitäten des Anderen waren und wir waren verschieden. Wir hatten auch unterschiedliche Leben, weil wir uns zu unterschiedlichen Zeiten von unseren Partnern trennten. Björn und ich trennten uns während der Jahre mit ABBA und wir machten danach weiter. Dann hatten wir unsere kleinen Kinder, die erst 5 und 1 Jahr alt waren und die ganze Zeit sehnte ich mich zu ihnen nach Hause. Und es war sehr schwer, und wir taten das, was wir taten. Aber wir waren nicht die ganze Zeit weg. Wir waren lange Perioden zuhause, um die Zeit mit den Kindern zu verbringen, was eine Kontrastsituation von den Luxushotelzimmern und Tourneen zurück zum Abwasch und den Kindern darstellte.

L: Gibt es einen besonderen Moment, Agnetha, der besonders schön war?

A: Ja, das war wohl da, als wir mit Waterloo gewannen. Das war wirklich unglaublich.

L: Vermißt Du das alles heute nicht?

A: Nein, das tue ich nicht.

L: Das war eine klare Antwort.

A (lacht): Nein, das tue ich nicht. Aber es ist schön, auf alles zurückzublicken. Manchmal kann ich es wirklich nicht fassen. Es fühlt sich wie ein anderes Leben an, wie ein anderer Teil meines Lebens und so ist es wirklich.

L: Was war der Grund, warum ABBA sich getrennt haben?

A: Es war, weil wir dachten, daß es nicht mehr so viel Spaß macht. Ich weiß, daß wir damals gerade eine LP aufnahmen. Es fühlte sich nicht mehr so an wie in der Vergangenheit. Wir waren geschieden, beide Paare, und es war nicht mehr dasselbe. Aber wir machten trotzdem nach unseren Scheidungen weiter.

L: Aber es war nicht so gut nach den Scheidungen, meinst Du das?

A: Nein, das war es nicht.

L: Was ist der beste Song, den ABBA aufgenommen haben?

A: Der beste Song? Ich denke "The Winner Takes It All".

L: Warum?

A (lacht). Er ist so komplett. Er hat einen guten Fluß, vom Anfang bis zum Ende und dann denke ich, der Song ist sehr gut. Ich denke, der Text ist ausgezeichnet.

L: Er hat eine ziemlich traurige Botschaft.

A: Ja, das hat er. Aber ich mag so etwas singen.

L: Ja?

A: Ja, ich mag solche Texte interpretieren.

L: Hab ich das richtig verstanden, daß Du denkst, daß ABBA im Studio besser waren als auf der Bühne?

A: Ja, das ist richtig. Aber das ist wieder meine Selbstkritik. Ich mag uns nicht auf der Bühne sehen. Es macht mir mehr Spaß, uns zu hören als uns zu sehen.

L: Bist Du heute noch in Kontakt mit den Anderen?

A: Ja, bin ich.

L: Björn?

A: Natürlich. Er ist der Papa meiner Kinder.

L: Wie oft seht Ihr Euch?

A: Meinst Du wir als Gruppe?

L: Nein, Björn.

A: Nun, ich weiß nicht. Ich führe kein Buch darüber (lacht). Aber es passiert öfter, seid wir ein Enkelkind haben.

L: Verdienst Du noch Geld mit ABBA?

A: Ja.

L: Viel?

A: Ja, genug für mich zum Leben. (lacht) und ich verdiene auch Geld.

L: Auch wenn Björn und Benny das Geld als Songschreiber verdienen, gibt es ein regelmäßiges Einkommen für den Rest von ABBA?

A: Ja. Und wir haben auch unsere Sachen gemacht. Frida hat auch Singles, was sage ich, Soloalben wie ich aufgenommen und so verdienen wir auch unser Geld.

L: Was bedeutet Geld für Dich?

A: Das ist ein sehr sensibler Bereich. Also sage ich, was ich immer sage: Ich möchte nicht über Geld, Politik und ich möchte nicht über Religion sprechen. Das sage ich auch jetzt (lacht).

L: Warum ist es so ein sensibler Bereich?

A: Du mußt eine so gute Antwort geben, daß die Leute Dir auch glauben, was du sagst. Weil es eine Sache ist, in einer Position zu sein, in der du Geld hast und jemand anders ist in einer Position, der kein Geld hat. Also muß man sich in eine Position begeben, in der das Geld einen guten Ausgleich schafft. Wenn man das nicht tut, geht es nicht. Was versuche ich da zu sagen?

L: Du fängst an, dem Ganzen näher zu kommen.

A (lacht): Aber ich bin glücklich, daß alles so gut verlaufen ist. Wenn ich sagen würde, daß Geld mir nichts bedeutet, dann würde man mir nicht glauben und denken, daß ich lüge, weil das natürlich doch so ist. Ich lebe ein Leben, in dem ich mir alles kaufen kann, was ich möchte, im Gegensatz zu einer armen Person. Aber Du kannst arm und reich in so vielen verschiedenen Dingen sein. Es hat nicht immer nur mit Geld zu tun. Aber Du kannst reich sein, weil Du ein reiches Leben mit so vielen Erfahrungen hast. Und ich bin wohl so eine Person. Ich bin heute die selbe Person wie damals, als ich jung war. Ich lebte sehr sparsam mit meiner Mutter und meinem Vater. Als ich aufwuchs, hatte ich kein eigenes Zimmer. Also weiß ich, wie es sich anfühlt nicht arm zu sein, aber auch nicht zu haben, was man vielleicht gerne hätte.

L: Was wird mit Agnetha Fältskog in der Zukunft passieren?

A: Nun, wer weiß das? Ich weiß es nicht. Manchmal fühle ich, daß das wahrscheinlich das letzte Album war, das ich gemacht habe. Doch dann weiß ich, wie ich sein kann und neue Ideen bekommen kann und ich weiß, daß da viele sind, die es gut fänden, wenn ich wieder meine eigenen Songs schreiben würde.

L: Ja, das denke ich auch. Wirst Du es tun?

A (lacht): Nein, ich kann nichts versprechen. Ich mache keine Versprechen mehr.

L: Das Buch "Wie ich bin" kam 1996 heraus. Die Autorin hat nun angekündigt, daß sie das Material, was nicht für das Buch verwendet wurde, veröffentlichen wird. Was denkst Du darüber?

A: Es wäre schrecklich, wenn sie das tun würde. Aber ich weiß nicht, was im Moment passiert. Aber es ist eine schreckliche Sache, wenn sie das veröffentlichen würde. Wenn man zusammen an einem Buch arbeitet, erzählt man Dinge im Vertrauen. Wir haben sehr intensiv an diesem Buch gearbeitet und über viele verschiedene bedeutungsvolle Dinge gesprochen. Und ich erzählte viel, das nicht zum Buch gehörte und jetzt wahrscheinlich veröffentlicht wird.

L: Bist Du mit ihr in Kontakt, um darüber zu sprechen?

A: Nein und das möchte ich auch nicht. Meine Anwälte werden das tun, leider. Ja, so kann es gehen.

L: Bist Du heute eine glückliche Person?

A: Das sind keine leichten Fragen (lächelt).

L: Sie sollten alle nicht einfach sein.

A: Ja, ich bin mit vielen Dingen glücklich. So kann ich es für mich beschreiben. Reicht das?

L: Nun wirst Du etwas für uns lesen. Es ist etwas über das neue Jahr. Warum hast Du das gewählt?

A: Nun, ich fand ein kleines Buch und ich wollte nichts singen.

L: Leider.

A: Dafür lese ich etwas. Ich fand ein Gedicht von Dan Andersson. Es heißt "Das neue Jahr" und so geht es:
(Sie liest das Gedicht)

L: Wie wirst Du Weihnachten feiern?

A: Ich werde ausspannen und die Zeit mit meinen Liebsten und Nächsten verbringen. Wahrscheinlich esse ich Weihnachtsschinken und Lachs.

L: Frohe Weihnachten, Agnetha, und danke, daß Du diesem Interview zugestimmt hast.

A: Das gleiche für Dich und danke, daß Du gekommen bist.

Nach dem Interview sagte Lasse Bengtsson, daß er ganz vergessen hatte, sie zu fragen, ob ein Mann in ihrem Leben eine Rolle spielen würde. Er tat dies nach dem Interview und Agnetha sagte:

A: Ich lebe mein Leben als Single. Aber ich habe viele Freunde und darunter sind auch viele Männer.


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